27.07.2016 - 21:44

Autopilot ohne Bange

Während sich die Welt weiterdrehte, kamen in San Francisco 1.200 Fachleute zum Automated Vehicles Symposium (AVS) zusammen. Die Tesla-Unfälle waren da noch mal ein heißes Thema. Dr. Gereon Meyer fasst zusammen, warum sich der amerikanische Verkehrsminister Anthony Foxx und Mark Rosekind, Leiter der Bundesbehörde NHTSA, trotzdem nicht aus dem Konzept bringen ließen.

Die jüngsten Ausfälle des Tesla-Autopiloten standen wie ein böses Omen im Raum, als sich in der vergangenen Woche 1.200 Fachleute aus aller Welt zum jährlichen Automated Vehicles Symposium (AVS) in San Francisco trafen. Ohne den kalifornischen Hersteller von Elektroautos mit optionalen automatisierten Fahrfunktionen explizit beim Namen zu nennen, stellte der amerikanische Verkehrsminister Anthony Foxx zu Beginn klar, dass man bei aller Coolness des Themas automatisiertes Fahren die Augen nicht vor den Herausforderungen für die Verkehrssicherheit verschließen dürfe.

Generell bemühte man sich um Schadensbegrenzung: Tesla-Gründer Elon Musk hatte schon in den Tagen vor der Konferenz in einem Blogeintrag drauf hingewiesen, dass der erste tödliche Unfall mit dem Autopiloten erst nach 130 Millionen Meilen Fahrstrecke aufgetreten sei, während in Amerika doch im Durchschnitt alle 94 Millionen Meilen ein solcher Unfall passiere. Zugleich waren aber weitere Unfälle mit dem Autopiloten bekannt geworden, der bisher als sog. Beta-Version eingesetzt wird und nur auf ausdrücklichen Wunsch der Fahrerzeuginsassen eingeschaltet werden kann.

Der Leiter der für die Straßenverkehrs- und Fahrzeugsicherheit in Amerika zuständigen Bundesbehörde NHTSA, Mark Rosekind, erklärte den Konferenzteilnehmern nun ganz pragmatisch, dass man nicht darauf warten könne, bis eine neue Technologie völlig fehlerfrei sei, wenn sich damit Leben retten ließe. Einzelne Vorfälle würden die Behörde nicht davon abhalten, innovative Technologiepfade zu beschreiten. Wenn ein hochautomatisiertes Fahrzeug in eine Ausnahmesituation gelange, für die es nicht programmiert sei, dann könnten die dabei gewonnenen Erkenntnisse immerhin zur Verbesserung der gesamten Fahrzeugflotte beitragen.

In den technischen Sessions und den Pausen der AVS-Konferenz nahmen die Experten dagegen kein Blatt vor den Mund: Viele halten Elon Musks Festhalten an der Radartechnologie zur Umfelderkennung für falsch. Wäre das Fahrzeug, mit dem Joshua Brown am 7. Mai 2016 in Williston, Florida bei eingeschaltetem Autopilot von der Seite auf einen LKWs zuraste, nicht mit einem Radarsensor, sondern mit einem auf dem LIDAR-Prinzip basierenden Laserscanner ausgestattet gewesen, dann hätte er wahrscheinlich überlebt. Manche gaben auch zu bedenken, dass sich höhere Grade der Automatisierung in komplexeren Umgebungen, z.B. ein Robo-Taxi im Stadtverkehr, nur durch die Kombination eines eigensicheren Systems mit Big-Data-Analysen mittels prädiktiver Algorithmen in der Cloud sinnvoll umsetzen ließen. Damit seien Unfälle zwar weitgehend vermeidbar, aber längst nicht komplett auszuschließen – ein Gedanke, an den sich die Öffentlichkeit noch gewöhnen müsse.

Bryant Walker Smith, Rechtsprofessor an der University of South Carolina, plädierte in seinem Plenarvortrag bei der AVS-Konferenz denn auch klar dafür, die Risiken den automatisierten Fahrens nicht unter den Tisch zu kehren. Die Zeit sei dafür erst dann reif, wenn die Entwickler ihre Sicherheitsphilosophie in der Öffentlichkeit erprobten.
Derweil brachte Verkehrsminister Foxx die Teilnehmer der AVS-Konferenz mit dem aktuellen Rat „Don’t Pokémon-go and drive!“ auf den Boden der Tatsachen zurück.

dr-gereon-meyerÜber den Autor: 
Dr. Gereon Meyer ist Leiter Strategische Vorhaben im Bereich Zukunftstechnologien und Europa bei der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH. Er gibt bei Springer die Buchreihe “Lecture Notes in Mobility”heraus, in der auch die Proceedings des Automated Vehicles Symposiums erscheinen: springer.com >>

Autor: jst

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