01.07.2016 - 12:49

Tesla: Erster Verkehrstoter bei Nutzung des Autopiloten

Bereits im Mai dieses Jahres ist ein Tesla Model S verunglückt, während der Autopilot aktiviert war. Der Fahrer kam dabei ums Leben. Inzwischen hat der Hersteller ein Statement veröffentlicht und die zuständige US-Behörde ermittelt. Wir fassen den aktuellen Stand zusammen.


 

+++ HINWEIS +++

Der Artikel wurde um neue Erkenntnisse erweitert. Den aktuellsten Stand finden Sie in den UPDATES >>


Seit dem 30. Juni 2016 ist klar, dass es bei der Nutzung von Teslas Autopilot-Funktion einen ersten Verkehrstoten gegeben hat. Wie der Hersteller auf seiner Webseite mitteilt, führt die zuständige Behörde NHTSA eine erste Vorermittlung durch.

Der Unfall ereignete sich bereits am 7. Mai 2016 im US-Bundesstaat Florida. Zum genauen Unfallhergang gibt es aktuell verschiedene Informationen. Zum einen spricht Tesla davon, dass ein Model S in den Anhänger eines die Straße überquerenden Sattelschleppers gefahren ist. Andere Quellen berichten von einem Abbiegemanöver des Sattelschleppers vor dem Tesla-Fahrzeug. Aktuell wollen deutsche Vertreter der Automobilindustrie keine Einschätzung zu dem Fall abgegeben, denn die Erkenntnisse zum Unfallhergang seien bisher zu ungenau, so ein Vertreter gegenüber intellicar.de.

Neben dem Namen des Unfallopfers ist bisher nur bekannt, dass sich das Tesla Model S während der Fahrt unter den Anhänger geschoben hat, wobei die Frontscheibe und der obere Teil des Fahrzeugs zerstört wurden. Dabei ist der Fahrer tödlich verunglückt.

Tesla selbst spricht von einem tragischen Verlust, da das Opfer als großer Tesla-Fan galt und bereits mehrere Smartphone-Videos zur Funktion des Autopiloten sowie einer konkreten Unfallvermeidung durch diesen veröffentlicht hatte. Technisch gehe man aktuell davon aus, dass die weiße Farbe des Sattelschleppers durch die Tesla-Sensoren nicht korrekt vom taghellen Himmel unterschieden und deshalb keine Bremsung eingeleitet wurde.

In einem Videobeitrag vermeldet die Redaktion von welt.de, der Fahrer soll während der aktivierten Autopilotfunktion einen Harry-Potter-Film geschaut haben. Der Hinweis darauf findet sich auch in amerikanischen Medienmeldungen zum Unfall.

Inzwischen sollen Tesla-Modelle mit aktivierter Autopilot-Funktion mehr als 130 Millionen Meilen (knapp 210 Millionen Kilometer) ohne tödlichen Unfall gefahren sein, betont der Hersteller auf seiner Webseite. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass sich der Autopilot in der Beta-Phase befinde, und die Fahrer vor der Aktivierung darauf hingewiesen werden, dauerhaft die Hände am Lenkrad und das Auto ständig unter Kontrolle zu behalten.

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung meldet, sind laut der Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA etwa 25.000 Tesla Model S aus dem Jahr 2015 von einer möglichen Prüfung betroffen.

Der Artikel wird in den kommenden Tagen aktualisiert.


 

UPDATE 14:40, 01. Juli 2016

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) veröffentlicht ein Statement zum automatisierten Fahren

Das Statement im Wortlaut: „Die deutsche Automobilindustrie tut alles, um Autofahren noch sicherer zu machen. Das gilt insbesondere für den Weg zum vernetzten und automatisierten Fahren, der in Stufen erfolgt: vom teil- über das hoch- bis hin zum vollautomatisierten Fahren. Jeder Schritt wird dabei mit großer Sorgfalt überprüft, die Sicherheit hat absoluten Vorrang. Systeme werden erst dann in den Markt gebracht, wenn sie technisch völlig ausgereift und mit redundanten Sicherheits- und Kontrollsystemen ausgestattet sind.

Alle Experten sind sich einig, dass vernetztes und automatisiertes Fahren die Verkehrssicherheit erhöhen wird. Denn bei rund  90 Prozent aller Unfälle spielt menschliches Fehlverhaltens – etwa durch zu hohe Geschwindigkeit, Fehler beim Abbiegen, Unaufmerksamkeit oder fehlende Konzentration auf den Straßenverkehr – eine Rolle. Fahrerassistenzfunktionen und automatisiertes Fahren sollen den Fahrer in kritischen Situationen unterstützen und bei Routinesituationen entlasten. Systeme, die das assistierte und das teilautomatisierte Fahren ermöglichen, sind bereits heute am Markt verfügbar. Ein Beispiel ist der Spurhalteassistent. In Deutschland bzw. in Europa wird das hochautomatisierte Fahren zuerst in Verkehrssituationen zum Einsatz kommen, die wenig komplex sind, also zum Beispiel auf der Autobahn, wo es keinen Gegen- oder Querverkehr gibt. Wir rechnen damit, dass es in einigen Jahren möglich sein wird, dass ein Auto selbstständig auf der Autobahn fährt. Der Fahrer muss beim automatisierten Fahren noch in der Lage sein, das Steuer zu übernehmen. Diese Art des automatisierten Fahrens muss allerdings vorher per Gesetz erlaubt werden. Daran wird derzeit gearbeitet. Bislang gibt es noch keine straßenverkehrsrechtlichen Regelungen für das automatisierte oder autonome Fahren.“

 


 

UPDATE 21:15, 02. Juli 2016

Erste Unfalldokumente veröffentlicht, Tesla und Mobileye mit Statements, Polizei bestätigt DVD-Player

Die Los Angeles Times hat den Scan eines vierseitigen Behördendokuments zum Unfallhergang und der Unfallaufnahme veröffentlicht.
documents.latimes.com >>.

Die New York Times hat eine Skizze zum Unfallhergang aufbereitet, die in ähnlicher Form auch im Dokument zum Unfall auf Seite 4 zu finden ist. Sie zeigt deutlich, dass der Truck links abbog und damit quer zum entgegenkommenden Tesla stand. Das Model S bremste offenbar auch nicht nach dem Unfall automatisch.
nytimes.com >>

Tesla-CEO Elon Musk beantwortete auf Twitter die Frage danach, warum das Radar den Anhänger des Trucks nicht erkannt habe, damit: „Radar tunes out what looks like an overhead road sign to avoid false braking events“.
twitter.com >> (Originaltweet)

Mobileye liefert offenbar einen Teil der Technologie, die bei Tesla für den Autopilot zum Einsatz kommt. Dan Galves, Kommunikationschef von Mobileye, betonte in einem Statement gegenüber dem Onlineportal electrek.co, dass das von Tesla eingesetzte Mobileye-System „Automatic Emergency Braking“ (AEB) für die Vermeidung von Auffahrunfällen angelegt sei, aber nicht für das Erkennen von seitlich kreuzenden Fahrzeugen. Ein entsprechendes System sei für 2018 geplant. Ein Statement von Tesla bestätigt gegenüber electrek.co die Twitter-Aussage von Elon Musk. Das Radar hätte wohl die hohe weiße Seite des Truckanhängers als Schilderbrücke erkannt und somit das automatische Bremsen nicht aktiviert.
electrek.co >>

Die zuständige Polizeibehörde in Florida bestätigte inzwischen den Fund eines transportablen DVD-Players, vermeldet die Nachrichtenagentur Reuters. Bisher sei jedoch nicht klar, ob der oben erwähnte Harry Potter Film vom Fahrer während bzw. kurz vor dem Unfall geschaut wurde. Die Zeugenaussagen zum Film sind sehr unterschiedlich. So wollen Zeugen den laufenden Film gehört haben, andere Zeugen behaupten, es wäre kein Film zu hören bzw. zu sehen gewesen.
reuters.com >>

 


 

UPDATE 11:50, 04. Juli 2016

Aktuell wurden keine neuen Erkenntnisse oder Details zum Unfallhergang publiziert. Allerdings sind über das Wochenende zahlreiche Kommentare in deutschsprachigen Medien veröffentlicht worden, die das Geschehen einordnen wollen. Wir haben drei relevante Kommentare zusammengestellt.

„Der Begriff Autopilot ist allerdings zu hoch gegriffen. Der Tesla fährt keineswegs so selbständig, wie ein Flugzeug mit Autopilot fliegen kann.“

Thomas Harloff rekapituliert für die Süddeutsche Zeitung die Informationen rund um den Unfall ganz sachlich und sieht letztlich Fehler bei der Technik als auch bei den Menschen hinterm Steuer, die die teilautomatisierten Funktionen des Fahrzeugs unsachgemäß nutzen.
sueddeutsche.de >>

„Wenn einzelne Unfälle infolge verrutschter Fußmatten und dann verklemmter Gaspedale einen Autokonzern wie Toyota in den USA Milliarden kosten, darf man gespannt sein, wie US-Behörden nun mit dem Fall Tesla umgehen werden.“

Lutz Reiche sieht in den vollmundigen Versprechen von Elon Musk ein großes Problem. Für das Manager Magazin kommt er zu dem Schluss: Bei all dem Hype um das autonome Fahren, dürfe man eben nicht vergessen, dass die Technik anfällig bleibe, wenn Menschen sie bedienen.
manager-magazin.de >>

„Was immer bei der Untersuchung herauskommt, in jedem Fall ist an diesem tragischen Tag die Verheißung geplatzt, mit dem vollständig automatisierten Fahren werde es keine Unfälle mehr geben.“

Für Holger Appel von der Frankfurter Allgemeine ist klar, dass der Computer in einem Fahrzeug stur mache, was ihm der Programmiercode vorgibt, aber eben nicht absolut sicher agieren kann. Appel weist auch auf den langen Zeitraum hin, der zwischen Unfall und öffentlicher Stellungnahme liege.
faz.net >>

Autor: Jens Stoewhase

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Autor: jst

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Gefunden bei intellicar.de
https://intellicar.de/markets/tesla-erster-verkehrstoter-bei-nutzung-des-autopiloten/
01.07.2016 12:17